STAHLTIER. Ein Exorzismus in memoriam Willy Zielke (UA)
Als ambitionierte Filmregisseurin steht Leni Riefenstahl im Visier des nationalsozialistischen Propagandaministers Goebbels und wittert ihre Chance. Sie erkennt in der Arbeit ihres Kameramannes Willy Zielke eine eigenständige Begabung, die den künstlerischen Wert ihrer eigenen Filme garantieren kann. Aufgrund des expressionistischen Stils von Zielkes Meisterwerk „Stahltier“ wurde sein Film jedoch von Goebbels verboten.
In ihrem Ehrgeiz, ihre Filmkarriere im Dritten Reich aufzubauen, begibt sich Riefenstahl auf ein politisches Parkett, das sich zum Abgrund neigt. Sie lässt sich auf ein trügerisches Gefecht mit der dämonischen Gewalt des Ministers ein und gleicht sich dieser widerstandslos an. Skrupellos benutzt sie dabei Willy Zielke, den eigentlichen Künstler. Er wird Opfer und Spielball in ihrer Anbiederung an die Macht.
Das Auftragswerk von Regisseur Frank Hoffmann wirft Fragen auf zur Integrität und Menschlichkeit des Künstlers in Zeiten der Diktatur. Albert Ostermaier hat es geschrieben für zwei ganz besondere Schauspieler: Jacqueline Macaulay und Wolfram Koch. Ein brisantes Stück, ein explosives Thema, eine hochkarätige Besetzung.
Eine Koproduktion des Renaissance-Theaters Berlin mit dem Théâtre National du Luxembourg.
Premiere im Théâtre National du Luxembourg am 12. März 2024 mit weiteren Vorstellungen am 13., 15., 16., 23. und 24. März 2024.
PRESSESTIMMEN
„Indem Ostermaier den hochbegabten und etwas naiven Filmkünstler Willy Zielke ins Zentrum seines Textes rückt, unternimmt er eine Verschiebung der Perspektive: Er nimmt das Opfer ernst, dessen Leben Riefenstahl zerstört hat. Das Stück gibt ihm die Würde, die ihm die Nazis und ihre Star-Regisseurin geraubt haben. Das schützt Ostermaiers Text davor, in die schaudernde Verehrungserregung zu verfallen, mit der die NS-Filmemacherin nach 1945 in den pathosanfälligen und kitschbegeisterten Regionen der Popkultur abgefeiert wurde. Bei Ostermaier ist die Hitler-Freundin, die Hochgebirgsamazone kein dämonisches Genie, sondern eher eine von entgrenztem Karriereehrgeiz zerfressene, abstoßend empathiefreie Kleinbürgerin: Ihr Narzissmus und ihr Nazismus sind kaum voneinander zu unterscheiden.“ Peter Laudenbach, Süddeutsche Zeitung, 06./07.04.2024
„Mit historischen Filmausschnitten und Live-Videos, vor allem aber mit den eindrucksvoll tiefenscharfen Schauspielern gelingt Frank Hoffmann eine souverän verdichtete, berührend erzählte Aufführung. Ambivalent und eindringlich lassen Jacqueline Macaulay und Wolfram Koch ihre Figuren wie Untote der deutschen Geschichte auferstehen.“ Irene Bazinger, FAZ, 08.04.2024
„Albert Ostermaier hat den historisch und politisch kontaminierten Stoff zu einem bedrückenden Text über Anpassung und Widerstand von Kunst in Zeiten der Diktatur geformt. In seinem Stück „Stahltier“, das jetzt im Renaissance-Theater aufgeführt wird, zeigt er, wie schmal der Grat ist, auf dem Künstler wandeln, wie schwierig es ist, den Verlockungen der Macht zu widerstehen. (…) Über allem liegt eine Atmosphäre der Angst. Aber auch der Freiheit, die nur durch aufrechte, emphatische Kunst erreicht werden kann. Nach nur 80 Minuten ist der Spuk vorbei. Das Publikum schüttelt sich kurz und feiert dann fast euphorisch Autor und Inszenierung.“ Frank Dietschreit, Mannheimer Morgen, 05.04.2024
„STAHLTIER am Renaissance-Theater handelt von der grausigen Vereinnahmung Willy Zielkes durch Leni Riefenstahl. Ein starker Abend … Ein starker, eindringlicher Abend, der mit wenigen Mitteln auskommt und doch ein Maximum an Assoziationen weckt. Und überhaupt auf diese grausame Geschichte aufmerksam macht. Eine späte Rehabilitierung eines zu Unrecht fast Vergessenen.“ Peter Zander, Berliner Morgenpost, 05.04.2024
„STAHLTIER. EIN EXORZISMUS reißt einen einfach mit. Als Zuschauer befindet man sich plötzlich in dieser Welt und vergisst die Zeit, konzentriert sich ganz auf das Bühnengeschehen. Dank der Multimedialität und der vollkommenen Nutzung des Saals erhält man das Gefühl hautnah mit dabei zu sein. Man befindet sich mittendrin. Eine der ansehnlichsten Inszenierungen der bisherigen Saison!“ Nora Schloesser, Luxemburger Wort, 15.03.2024
Spieldauer: ca. 80 Minuten (keine Pause)