Literarischer Streifzug Nr. 104: Harald Welzer

Harald Welzer
im Gespräch mit
Vivian Perkovic

Literatur LIVE im Renaissance-Theater

Eine Veranstaltung von Literatur LIVE in Kooperation mit dem S. Fischer Verlag und der Thalia Buchhandlung

 

Jetzt wird das Erbe von vier Jahrzehnten neoliberaler Fehlsteuerung des Staates als Erosion der materiellen und mentalen Infrastrukturen erkennbar. Wo Polizisten, Ärztinnen, Rettungspersonal oder Zugbegleiterinnen angegriffen werden, wirken die Rituale der Politik nur zynisch. Wenn Kinder keinen ordentlichen Unterricht mehr bekommen, Schwimmbäder und Krankenhäuser schließen und öffentliche Orte verwahrlosen, wächst die Enttäuschung über eine Politik, die ihre Wähler aus dem Blick verliert. Zumal, wenn eine zentral wichtige Aufgabe wie der Kampf gegen den Klimawandel nicht bewältigt wird.

Stattdessen kämpft die Regierung gestrige Positionen gegeneinander aus, simuliert Konzepte in endlos aufeinanderfolgenden Gipfeltreffen und kompensiert die vorhandene Ideenlosigkeit mit einem Überschuss an Moralismus. Das alles wird von einem Mediensystem unterstützt, das sich mehr für den Schauwert von Politik interessiert als für das Gelingen von Gesellschaft.

Ein Buch über die Fahrlässigkeit und Arroganz einer politischen und medialen Klasse, denen die gefährlich groß werdende Distanz zwischen der Bürgerschaft und der Bundespolitik gleichgültig zu sein scheint und die längst die Fühlung für die soziale Wirklichkeit im Land verloren hat.

Und eine Ermutigung für alle Empörten, nicht länger still zu bleiben.

 

Harald Welzer, geboren 1958, ist Sozialpsychologe. Er ist Direktor von FUTURZWEI. Stiftung Zukunftsfähigkeit und des Norbert-Elias-Centers für Transformationsdesign an der Europa-Universität Flensburg. In den Fischer Verlagen sind von ihm u. a. erschienen: »Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden«, »Klimakriege. Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird«, »Alles könnte anders sein. Eine Gesellschaftsutopie für freie Menschen«, »Nachruf auf mich selbst. Die Kultur des Aufhörens« und – gemeinsam mit Richard David Precht – »Die vierte Gewalt. Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist«. Seine Bücher sind in 21 Ländern erschienen.

 

Vivian Perkovic stand im Bayerischen Fernsehen für „on3-südwild“, „PULS“ und „jetzt mal ehrlich“ vor der Kamera. Heute arbeitet sie als Moderatorin für das Musik-Magazin „Tonart“ von Deutschlandradio Kultur und ist Musik-Kritikerin beim Musikalischen Quartett im „Soundcheck“ bei RBB-radioeins. Seit Januar 2017 ist sie Moderatorin der „Kulturzeit“ von 3sat.

 

„Zeiten Ende“ erscheint am 30.08.2023 im S. Fischer Verlag Verlag, 192 Seiten