Vor Ferrante: S. Aleramo, D. Prato, G. Sapienza
Li-Be für die Stadt: Das Literaturhaus Berlin zu Gast im Renaissance-Theater
Folgende Bücher werden in dieser Matinee besprochen:
Dolores Prato »Unten auf der Piazza ist niemand«, aus dem Italienischen von Anna Leube, Hanser 2024
Goliarda Sapienza »Die Kunst der Freude«, aus dem Italienischen von Constanze Neumann und Esther Hansen, Aufbau 2022
Sibilla Aleramo »Eine Frau«, aus dem Italienischen von Ingrid Ickler, Eisele Verlag 2024
Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem Italienischen Kulturinstitut Berlin
International als Entdeckung gefeiert und nun erstmals auf Deutsch. Dolores Prato, die große Außenseiterin der italienischen Literatur, war achtzig, als sie das Buch ihres Lebens schrieb: die Geschichte ihrer Kindheit Ende des 19. Jahrhunderts in Treja, einer Kleinstadt in den Marken. Unehelich geboren, wächst sie bei Verwandten auf, fühlt sich ungeliebt und einsam. Ihr Blick ist klarsichtig und zugleich verzaubert, sie erzählt von häuslichen und religiösen Ritualen, von Karnevalsbällen bei Adel und Volk, und von magischen Praktiken. „Treja war mein Raum, das Panorama ringsum, meine Vision: Ort des Herzens und des Traums.“ Pratos „Meisterwerk“ (Le Monde) ist ein Atlas der Emotionen und das einzigartige Gemälde eines verschwundenen Italiens. Mit einem Nachwort von Esther Kinsky.
Goliarda Sapienza: „Die Kunst der Freude“, aus dem Italienischen von Constanze Neumann und Esther Hansen, Aufbau 2022
„Warum nur reden wir nicht dauernd und seit Jahren über Goliarda Sapienza?“ Antonia Baum
Die Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts aus der Perspektive einer außergewöhnlichen Frau: Modesta ist eine Sizilianerin, die nach Leben dürstet und für ihre Unabhängigkeit kämpft. Sie erlebt das zwanzigste Jahrhundert auf der Suche nach persönlichem Glück und Erfüllung – gegen alle Widerstände. Als großzügige Freundin, liebende Mutter und leidenschaftliche Liebhaberin begegnet sie dem Leben mit der inneren Größe, die den Heldinnen und Helden der Weltliteratur eigen ist.
„Mehr noch als ein literarisches Ereignis ist dieser Roman ein existenzielles Ereignis.“ Le Nouvel Observateur
„Goliarda Sapienzas Waisenkind Modesta ist die ultimative Heldin des zwanzigsten Jahrhunderts.“ Chris Kraus
*** Dieses Buch ist bereits unter dem Titel »Die Unvorhersehbarkeit der Liebe« erschienen. ***
Sibilla Aleramo: „Eine Frau, aus dem Italienischen von Ingrid Ickler“, Eisele Verlag 2024
Die unbeschwerte Kindheit von Sibilla Aleramo findet ein abruptes Ende, als sie sich mit siebzehn Jahren in einen Arbeiter aus der Glasfabrik ihres Vaters verliebt, ungeplant schwanger wird und heiraten muss. Plötzlich Mutter und Ehefrau, sieht sie sich gefangen in den patriarchalen Strukturen der damaligen Zeit – so wie ihre eigene Mutter und alle Frauen, die sie kennt. Doch statt sich den Erwartungen an ihre neue Rolle zu fügen, strebt sie nach Freiheit, Selbstbestimmung und einem Leben voller Bildung und Literatur.
Sibilla Aleramo ist eine Frau – und doch fängt sie das Schicksal einer ganzen Generation von Frauen ein und beschreibt authentisch und mit außergewöhnlicher Intensität, wie sich ihre Protagonistin aus den Fesseln der Tradition befreit und ihre eigene Identität findet.
Eine Frau ist nicht nur das eindringliche Porträt der italienischen Gesellschaft um die Jahrhundertwende, sondern auch ein Manifest für Gleichberechtigung in jedem Sinne – und inspiriert so noch heute, über die Grenzen der eigenen Lebensumstände hinaus zu denken.