In einem Zyklus von drei in sich geschlossenen Lesungen widmet sich Ben
Becker dem legendären Exilautor Joseph Roth, der so viele Widersprüche in sich
vereint: heiliger Trinker und hoffnungsloser Schnorrer, österreichischer Jude
und Boheme-Gestalt des Berliner Nachtlebens, abgebrannter Exilant und einer der
größten Erzähler des 20. Jahrhunderts. Im Zentrum von Ben BeckersLesungstrilogie steht daher nicht nur der geniale Autor, sondern vor allem auch
der Mensch Joseph Roth.
Das Exil als Isolation und Trennung von allem Liebgewonnenen und Vertrauten steht denn auch im Fokus der dritten und abschließenden Lesung von Ben Beckers Roth-Trilogie, „Ostende“ von Volker Weidermann, einem literarischen Rückblick auf den Sommer der Freundschaft von Joseph Roth, Stefan Zweig und Irmgard Keun, 1936 in dem historisch glanzvollen Badeort, am Vorabend eines drohenden Weltuntergangs.
Jeder einzelne Teil des Zyklus
bietet eine eigenständige, in sich schlüssige Perspektive auf den großen
Schriftsteller, aber in der gesamten Folge ergibt sich durch die
Zusammenführung aller Fluchtlinien der einzelnen Teile ein verblüffendes,
vielschichtiges und lebendiges Porträt des Künstlers im Exil, das auf
überraschende Weise auch unsere jetzige Zeit widerspiegelt.
Lesungen mit Ben Becker sind keine
Wasserglas-Veranstaltungen, sondern ein Ereignis. Das gilt umso mehr für
Beckers Rückkehr auf die Bühne nach dem unfreiwilligen Theater-Exil der
Corona-Zeit. Nicht zuletzt aufgrund dieser Erfahrung des
Abgeschnittenseins von seinem Publikum, von dem Theater und seiner
besonderen Bedeutung hat sich Ben Becker für Texte von und zu dem
Exilautor Joseph Roth entschieden. Roth gehört mit seinen mehrfach
verfilmten Romanen "Das Spinnennetz", "Radetzkymarsch" und "Hiob" nicht
nur zu den bedeutendsten deutschsprachigen Erzählern des 20.
Jahrhunderts, er ist selber eine der schillerndsten Figuren seiner Zeit
und eine Geschichte für sich. Als österreichischer Jude geboren, als
Journalist chronisch pleite, gehört er zu den unvergesslichen
Szenegestalten im Nachtleben von Wien und Berlin. Nach der
Machtergreifung der Nazis ist er einer der ersten Autoren, deren Bücher
verbrannt werden. Er flieht bereits 1933 und wird eine maßgebliche
Stimme der Exilliteratur; gleichzeitig ist und bleibt er immer Trinker,
immer hart am Rande des Wahnsinns. Gerade diese Verschmelzung von
Literatur und Leben, Biographie und Fiktion, Mensch und Mythos ist es,
was Ben Becker an Joseph Roth fasziniert und was er wie kein
anderer mit seiner Stimme und seiner Art zu lesen auf der Bühne lebendig
werden lässt.
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