Gastspiel | DAS ATELIER -Gastspiel des RT- | von Jean-Claude Grumberg | Deutsch von Susanne Kaiser Tophoven | Gastspieldaten: (Spielzeit 2000/01) 8./9.5.2001 im Erholungshaus, Leverkusen Die Liebe und die Chansons, die Märkte und Bistros - es ist das Paris
des "petit peuple", das noch heute nostalgische Sehnsucht weckt.
Jean-Claude Grumberg führt uns in dieses Paris, das Paris seiner
Kindheit. Doch sein Blick zurück ist alles andere als nostalgisch. An einem frühen Morgen des Jahres 1945 nimmt Simone ihre Arbeit im
ATELIER des Schneidermeisters Léon auf. Nach und nach treffen die
anderen Näherinnen ein: Gisèle, die bei der Arbeit gern vor sich hin
trällert; Madame Laurence, eine humorlose Polizistengattin; Mimi mit
dem losen Mundwerk und die temperamentvolle Marie, die am liebsten
lacht. "Lachen ist der beste Fleischersatz!" - Gisèles Kommentar
spiegelt die Grundstimmung jener Zeit direkt nach dem Krieg, den
entschlossenen Lebenswillen, die Hoffnung und das Vergessen. Wenn Mimi unter allgemeinem Gelächter ihre nächtlichen Abenteuer
zum Besten gibt, wenn sie erzählt, wie ihr beim Tanzen die Schuhe
abhanden kamen und sie im Rinnstein landete, wenn Simone von Marie
gefragt wird, ob sie auch tanzen gehe, ausweichend antwortet und auf
Nachfragen sagt, dass sie mit zwei Kindern allein sei, weil ihr Mann
deportiert wurde - dann tritt für kurze Zeit betretenes Schweigen ein.
Bis Mimi wieder einen Witz reißt. Alltag in einer kleinen Schneiderwerkstatt im Pariser Stadtviertel
Sentier. Die Arbeit ist schwer. Miserable Stoffe, Fäden, die immerzu
reißen, schlechtes Licht. Und dazu ein cholerischer Patron. In Grumbergs Chronik der Nachkriegsjahre ist die Gleichförmigkeit
des Arbeitsalltags die trügerische Spitze eines Eisbergs, dessen
dunkler Schatten den Versuch der kleinen Leute, ein neues Leben
anzufangen, ständig begleitet. Das Grauen der jüngsten Vergangenheit
lauert unter der Oberfläche. Bedrohlich für die einen, scheinbar leicht
zu umschiffen für die anderen. Das verleiht den harmlosen Scherzen, den
Sticheleien und Streitereien unter Kollegen, ihrer Anteilnahme und
Gleichgültigkeit eine doppelbödige Spannung, in der Momente der
Wahrheit, der Menschlichkeit ohne Sentimentalität aufblitzen. Die Suche nach der Kindheit, als Grumbergs Mutter in einer
Schneiderei den Lebensunterhalt für sich und ihre beiden Söhne
verdiente, während sie vergeblich auf die Rückkehr seines deportierten
Vaters wartete, hat eine der bewegendsten Tragikomödien der letzten
fünfzig Jahre hervorgebracht.
| mit Nicolas Tech, Ulrike Jackwerth, Sona MacDonald, Sabine Herken, Yasmina Djaballah , Monika Hansen, Imogen Kogge, Udo Samel, Günter Barton, Jürgen Lehmann, Matthias Günther | Regie Felix Prader | Bühne Gerhard Gollnhofer | Kostüme Gerhard Gollnhofer | Musik Johannes Schmölling | Spieldauer ca. 2 Stunden 30 Minuten inkl. Pause |
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